Praxistipps

Das Verhalten auf der Drückjagd ist die Visitenkarte des Jägers

Ging es in den ersten beiden Teilen unseres Blog-Beitrages zur Drück- beziehungsweise Bewegungsjagd um das vorbereitende Schießtraining und die Wahl einer geeigneten Ausrüstung, wird es jetzt ernst: Am Sammelplatz werden Jagdschein und Schießnachweis kontrolliert, die Bläser stimmen das Signal Begrüßung zur Jagd an. Die einleitenden Worte des Jagdleiters sind für die nächsten Stunden Gesetz. Wer das verinnerlicht und sich daran hält, kann mit ruhigem Gewissen den zugewiesenen Drückjagdstand beziehen und auf guten Anlauf hoffen.

Es ist so weit. Selbst routinierte Jägerinnen und Jäger geben zu, dass sich ihr Herzschlag bei der Order „Abrücken auf die Drückjagdstände!“ spürbar erhöht. Die Spannung steigt noch einmal beim Absitzen von den Fahrzeugen und den letzten Anweisungen des Anstellers. Dann sind Jägerin und Jäger weitgehend auf sich gestellt, gefangen von Vorfreude, angespannten Sinnen, Erwartungen und Hoffnungen, die Nichtjäger nur selten nachvollziehen können. Es ist Jagd. Wir ernten nachhaltig eines der wertvollsten und gesündesten Lebensmittel.

Obwohl der Begriff Drückjagd (regional auch Riegeljagd) in unseren Breiten meist gleichbedeutend ist mit der Jagd auf Schwarzwild, werden auf Bewegungsjagden oft auch andere Wildarten freigegeben. Rehwild zum Beispiel, auch Dam- und Muffelwild, wo es vorkommt; ganz großzügig sind Gastgeber, die Rotwild freigeben. Zumeist sind beim Hochwild aber Trophäenträger ab einer definierten Klassifizierung ausgenommen.

Erste Regel ist deshalb schon bei der Begrüßung am Sammelplatz, sich exakt die Freigaben zu merken und sie am besten – falls nicht jeder Teilnehmer die entsprechenden Instruktionen schriftlich erhalten hat – zu notieren. Phrasen wie „Frei ist alles, was der Jagdschein zulässt“ dürften (und müssen) der Vergangenheit angehören.

„Kunstschüsse“ sind auf Drückjagden absolut tabu

Wer mit seiner Büchse, der dafür eingeschossenen Munition und der Zieloptik auf Ansitz und Pirsch gut zurechtkommt, der dürfte auch auf der Drückjagd kaum an der Präzision und der Trefferwirkung verzweifeln. Vorausgesetzt natürlich, er lässt sich zu keinen „Kunstschüssen“ auf weite Entfernung oder auf flüchtiges Wild hinreißen. Diesen ausnahmslos zu beherzigenden Grundsatz diktieren verantwortungsbewusste Jagdleiter ihren Gästen meist gleich nach der Freigabe-Formel: „Geschossen wird nur auf Wild, das alle vier Läufe auf dem Boden hat.“

Auch wenn man einen weiteren Grundsatz gefühlt schon dutzende Male gehört und gelesen hat – er kann nicht oft genug wiederholt werden: Ist man sich vor dem Schuss nicht sicher, ob das anvisierte Stück in die Freigabe passt, ob Entfernung und Schusswinkel vertretbar sind, ob der Hintergrund genügend Kugelfang bietet, in all diesen Fällen bleibt der Abzugsfinger gerade!

Dem Autor ist noch kein Jagdherr begegnet, der solche Zurückhaltung ironisch belächelt oder gar kritisiert hätte, weil doch „Strecke gemacht“ werden sollte. Im Gegenteil, mit Lob und Verständnis hat so manch vorsichtiger Waidmann schon die Ankündigung einer nächsten Einladung bekommen. „In Zukunft nicht mehr dabei“ sind andererseits solche Schützen, die unverdrossen auf anwechselndes Wild pflastern, obwohl sie auf ihrem Stand schon mehrere Nachsuchen „produziert“ haben.

Paragraf 1: Sicherheit am Drückjagdstand

Schon beim Angehen des Drückjagdstandes besteht die Gefahr, Wild in der Nähe loszutreten. Daher sollte man sich eher wie auf der Pirsch nähern, statt zu versuchen, den Platz möglichst zügig zu erreichen. Springt Wild lautlos ab, lässt das vor allem in der Nähe möglicher Einstände spannende Jagd erwarten.

Ist der Stand dann eingenommen, schafft eine sofortige 360-Grad-Umschau notwendige Gewissheiten:

  • Wo steht der nächste Nachbarschütze, mit dem ich Sichtkontakt aufnehmen muss
  • Wo hat die Jagdleitung sichere und verbotene Schusssektoren markiert
  • Wo sind in einem Baumbestand ausreichend breite Lücken zum Mitschwingen oder Vorhalten
  • Gibt es in diesen Richtungen Hindernisse wie Zweige und Äste in Reichweite, die sich noch schnell entfernen lassen
  • Aus welchen Richtungen nähert sich das Treiben
  • Wo sind Dickungen, aus denen urplötzlich eine Sau herauspreschen kann – oder aber einer der Meutehunde, wenn nur Sekunden zum Ansprechen bleiben …

Beste Hilfsmittel für einen Überblick sind das leichte Pirschglas und besonders der Entfernungsmesser, die wir der Empfehlung aus Teil 2 gemäß in den Rucksack gepackt haben. Und auch das gehört zur Vorbereitung: In Herbst und Winter sind Drückjagdböcke und nicht überdachte Kanzeln mit Laub und kleinen Zweigen, mit Raureif und Schnee bedeckt; weg damit, bevor Rascheln und Knacken das Wild auf uns aufmerksam machen. Gleiches gilt für die Einnahme eines Standes auf dem Boden, bei der zusätzlich für die nötige Trittsicherheit gesorgt werden muss.

Unmittelbar nach diesen Vorbereitungen findet sich noch im „trockenen“ Anschlag die ideale Vergrößerungseinstellung am Glas, und die Helligkeit des Leuchtabsehens kann auf die Lichtverhältnisse abgestimmt werden. Dann wird das Magazin gefüllt, die Waffe geladen und gesichert. Fehlt bei Regen, Schnee oder Frost eine geeignete Abdeckung von Okular und Objektiv des Zielglases, leistet ein einfaches Papiertaschentuch, vor die Optik gestopft, gute Dienste; vor dem Schuss ist es blitzschnell entfernt. (Es versteht sich von selbst, dass auf dem Stand keine Abfälle zurückgelassen werden, also nicht einmal unbenutzte Taschentücher, leere Patronenhülsen, aufgebrühte Teebeutel oder ähnliches.)

Brauchtum muss seinen Platz behalten

War die Ansage „Geschossen werden darf beim Einnehmen des Standes, sofern Sicherheit hergestellt ist“, bleibt die Spannung vom ersten Augenblick an hoch, die eigene Geräuschentwicklung dagegen niedrig: Oft schon weit vor Beginn des Treibens können einzelne Stücke und besonders erfahrene Leitbachen mit ihrem Gefolge die Bühne verlassen wollen. Da lässt sich vielleicht der erste Frischling, der erste Überläufer aus der Rotte herauspicken.

Nach dem Schuss sollte man versuchen, sich den Anschuss in etwa zu merken, sofern das Stück nicht sichtbar liegt. Auf keinen Fall ist der Stand „mal eben zum Nachsehen“ zu verlassen, solange das Treiben läuft. Erst nach dem festgelegten Hahn in Ruh‘, nach dem außer für einen möglichen Fangschuss keine Patrone mehr in der Waffe zu sein hat, ist der Anschuss für eine spätere Nachsuche zu markieren. Bei allem Respekt und Wohlwollen für brauchtumsgerechte Traditionen: An dieser Stelle sind farbige Bänder oder auch nur das einfache weiße Papiertaschentuch an sichtbarer Stelle hilfreicher für das Nachsuchengespann als das gerechte Bruchzeichen. Man kann ja beides kombinieren.

Erlegte Stücke sollten, wenn möglich, an den Wegesrand gezogen oder wenigstens beim Stand für eine spätere Bergung abgelegt werden. Ob sie auch gleich aufzubrechen sind, wird meist schon bei der Ansage verkündet. Bei vielen Drückjagden geschieht das aus Zeitgründen an zentraler Stelle.

Am erlegten Wild sollte dann das Brauchtum wieder zu seinem Recht kommen, selbst wenn in einigen Jägerkreisen darüber schon gelächelt wird: Das Ablegen des Stückes auf der rechten Körperseite, der letzte Bissen, der gerechte Inbesitznahmebruch – die Kenntnis davon, der Respekt gegenüber dem Wild, all das muss auch in der Hektik und Aufgeregtheit einer Drückjagd seinen Platz behalten. Auch ein Tipp für Bonuspunkte beim Gastgeber ist, sich fürs Aufbrechen nicht nur der eigenen Stücke anzubieten.

Fehler bereuen und aus ihnen lernen

Nichts ist übler als ein Stück zur Strecke zu bringen, das nicht in die Regeln passt. Auch der „melancholische Blick eines einsamen Stückes“, wie es ein forstlicher Jagdleiter einmal umschrieben hat, ist dann nicht die Entschuldigung für einen nur vermeintlichen Hegeabschuss.

Der Autor dieser Zeilen gibt zu, dass auch ihm ein schwerer Fehler unterlaufen ist, weil er bei der Eröffnung nicht genau zugehört hatte. Tatsächlich lag am Anschuss ein Stück Wild, das definitiv nicht freigegeben war. Was dann schmerzhafter ist, der tiefe Griff in die Geldbörse, die Blamage, am Streckentableau und bei Entgegennahme eines Bruches die strafenden Blicke aller Mitjäger auf sich ruhen zu fühlen, auch die peinliche Vernehmung durchs Jagdgericht beim Schüsseltreiben – das herauszufinden sollte man besser nicht riskieren.

Trotzdem, in aller Regel bleibt es bei einer Ermahnung, einer (berechtigten) Rüge und einer Strafzahlung, wenn der „Delinquent“ ehrlich reumütig ist. Anders sieht es bei Vorsatz aus, wenn der Fehlabschuss ein eindeutiges Schonzeitvergehen ist, wenn das Wild nicht einmal dem Jagdrecht unterliegt oder der Schütze den Jagdfrevel gar mit voller Absicht begangen hat, weil „der Zwölfender doch so verlockend breit stand“.

Wer sich dann nicht selbst anzeigt, wird merken, dass kein Jagdherr Verständnis aufbringt und nach der Anzeige den Namen des Sünders von künftigen Einladungslisten streicht. Dazu kommen empfindliche Strafen und nicht mehr selten die Aufforderung der Behörde, den Jagdschein samt WBK und Waffen abzuliefern. Auf das Wohlwollen eines Richters bei einer Klage dagegen muss man heute nicht mehr hoffen.

wel

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