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Bis Sommer: Wolf kommt ins Jagdrecht

Büsum. Mit der Rückendeckung seiner Amtskollegen der Bundesländer will sich Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) bei Verhandlungen in Brüssel nachdrücklich gegen das drohende Verbot der Grundschleppnetzfischerei in Schutzgebieten einsetzen. Das sicherte er vor dem Abschluss der Agrarministerkonferenz (AMK) auf einer Kundgebung am Donnerstag in Büsum zu. Begleitet worden war die Kundgebung durch einen Korso von Krabbenkuttern mehrerer Nord- und Ostsee-Anrainer und einer Traktoren-Sternfahrt zu den Büsumer Hafenbecken.

Demo bei der Agrarministerkonferenz in Büsum

Zum Schutz von Nord- und Ostsee müssten aber auch Faktoren wie Vermüllung und Eutrophierung berücksichtigt werden. Dass Politiker seiner eigenen Partei und bestimmte Interessenverbände die Überdüngung der Gewässer vor allem der Landwirtschaft anlasten, vermied Özdemir zu erwähnen.

Neben einer Vielzahl fachlicher Themen wie Pestizideinsatz und Import von landwirtschaftlich erzeugten Nahrungsmitteln ohne deutschen Standard sorgten Schilderungen von Wolfsattacken auf Nutztiere für zeitweise heftige Emotionen unter den Teilnehmern der Kundgebung. Heftig bewegt berichtete ein Schafzüchter aus den neuen Bundesländern von mehreren Hundert seiner Tiere, die Wölfen zum Opfer gefallen waren.

Eine Landwirtin und Tierärztin sekundierte ihm mit der Erfahrung von tödlichen Wolfsangriffen auf Schafe, Kälber und Pferde. Von ihren Zuhörern forderte sie:

„Lasst euch das nicht mehr gefallen, wehrt euch!“

Den in die Tausende gehenden Verlusten von Nutztieren stünden die „Entnahmen“ von nicht einmal einem halben Dutzend sogenannter Problemwölfe in ganz Deutschland gegenüber. Wobei Redner gerade diese Titulierung als Plazebo für die Öffentlichkeit bezeichneten: Es gebe keine Problemwölfe, der Wolf agiere eben seiner Natur als Raubtier gemäß.

Es müsse Schluss sein mit der Verharmlosung von Canis Lupus und seiner bastardisierten Abarten als Wildbestandsregulator. Die rund 3000 Grauhunde in Deutschland, Tendenz rapide steigend, benötigten mehr als drei Millionen Kilogramm Fleisch pro Jahr, „und das holen sie sich, wo sie es am einfachsten bekommen – auf unseren Weiden und Koppeln, auch auf den gut gesicherten“.

Alle Betroffenen forderten ein Ende des Vollschutzes für die Grauhunde. So gebe es allein in Brandenburg mehr als doppelt so viele Wölfe wie in ganz Schweden. Dass dort mit jagdlichen Maßnahmen die festgesetzte Obergrenze von 400 Exemplaren eingehalten werde, müsse ein Signal auch für Deutschland sein.

Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir reagierte auf das Thema vor den Demonstranten nicht. Wohl aber Werner Schwarz (CDU), Minister für Landwirtschaft, ländliche Räume, Europa und Verbraucherschutz in Schleswig-Holstein. Er sicherte zu, bis zum Sommer werde der Wolf ins Jagdrecht des Landes aufgenommen sein – mit ganzjähriger Schonzeit allerdings.

Jäger bezweifelten am Rande der Kundgebung die Sinnhaftigkeit des durchaus begrüßenswerten Vorstoßes. So dürfe ein vom Auto angefahrener und in Sichtweite liegengebliebener Wolf per Fangschuss von seinem Leiden erlöst werden; flüchte er aber nach dem Unfall, müsse die Nachsuche, wie sie bei allen anderen Wildarten aus Tierschutzgründen verpflichtend ist, hier unterbleiben.

Schiere Begeisterung löste bei den etwa 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Kundgebung die Forderung von Anthony Robert Lee (Niedersachsen) aus, alle Landwirte, Fischer, Viehhalter und andere Natur- und Landschaftsnutzer sollten bei behördlichen Maßnahmen und politisch getroffenen Entscheidungen künftig öfter „Nein“ sagen. Der Sprecher des Vereins „Landwirtschaft verbindet Deutschland e. V.“ erklärte das unter tosendem Beifall zu seinem Lebens- und Berufsmotto.

Denn alle Entscheidungen, die das Handeln der Erzeuger unserer hochwertigen Lebensmittel in Deutschland beeinträchtigten, würden nicht aus sachlichen, sondern aus ideologischen Motiven getroffen, „und das muss ein Ende haben!“. Die, wie Lee sagte, insgesamt mäßige Teilnahme bei Demonstration und Kundgebung kritisierte er jedoch mit dem Verdacht, „dass die meisten offenbar noch immer nicht begriffen haben, worum es geht“.

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