Praxistipps

Kirrungen praxisgerecht anlegen

jaeger mit lederhandschuh fuellt mais auf

Wenn der Keiler nächtens klingelt…

Es gibt mehrere Möglichkeiten, die berühmte „Handvoll“ Kirrgut so zu platzieren, dass die borstigen Besucher eine Weile beschäftigt sind, dass aber auch alle Stücke einer altersmäßig strukturierten Rotte die Chance haben, wenigstens ein paar Körner aufzunehmen. Dabei ist darauf zu achten, dass andere Wildarten nicht an die Gaben kommen dürfen.

Das lässt sich durch Abdecken mit schweren Steinen bewerkstelligen, die kein Rehbock auf die Seite schieben kann, die für den Wurf einer Sau aber kein Hindernis sind. Mit einer Eisenstange ein paar zentimetertiefe Löcher in die Erde bohren, wenige Maiskörner einfüllen, festtreten – auch das erfüllt seinen Zweck. Gibt es Pfützen oder eine Schlammstelle auf der Kirrung, lassen sich auch darin einige Körner „verlieren“.

Ausreichendes Beschäftigungspotential bieten zudem Behälter, entweder selbstgebaut etwa aus einem Baumstamm-Stück, oder gekauft, wie sie der Fachhandel in diversen Ausführungen anbietet. Ein besonderes Konstrukt sind Futterautomaten, die sich trotz ihrer Bezeichnung so programmieren lassen, dass sie Kirrgut nur in geringen Mengen und zu festen Zeiten abgeben. Ihr weiterer Vorteil ist, dass eine Füllung meist mehrere Tage hält, die Beunruhigung auf dem Kirrplatz durch den Jäger sich so in Grenzen hält.

Kirrungen sollten in Revieren mit Schwarzwild als Stand- oder Wechselwild zum festen Inventar gehören.

Vorsichtige Keiler und kritische Leitbachen werden meist eine Weile brauchen, bis sie einen neuen Kirrplatz vertraut aufsuchen. Ihr Interesse lässt sich durch Lockmittel und -stoffe fördern, deren Zusammensetzung die Entwickler mittlerweile naturidentisch hinzubekommen. Hier gilt: weniger ist mehr. Freilich haben findige Zeitgenossen seit jeher ihre „unfehlbaren“ Lockmittelchen selbst zusammengebraut oder greifen zu Produkten, die eigentlich für andere Verwendung bestimmt sind. Von solchen „Geheimmittelchen“, wie beispielsweise der Würzflüssigkeit eines bekannten Nahrungsmittelherstellers, ist abzuraten. Sie gehören nicht in ein gepflegtes Revier, zumal ihnen von der Industrie möglicherweise Stoffe beigemengt wurden, die einem Wildschweinorganismus nicht guttun könnten.

Meine Sau ruft mich an

Jede Kirrung ist nur halb so viel wert, wenn sich nicht feststellen lässt, wann und von wie vielen Sauen sie aufgesucht wird. Die Frage nach dem Wann beantworten – ganz „old school“ – so genannte Wilduhren. Das sind Zeitmesser mit 24-Stunden-Anzeige in einem wetter- und vor allem bissfesten Gehäuse, das direkt an einer Kirrstelle platziert wird. Stößt ein Stück den Behälter um, bleibt das Uhrwerk stehen und zeigt die Zeit des Besuchs an. Es empfiehlt sich, das Gehäuse gegen schweinischen Diebstahl zu sichern, Nachbeschaffungen gehen ins Geld. Der Nachteil dieser Form der Überwachung ist, dass sie täglich vor Ort kontrolliert werden muss, will man sich ein Bild von den Gewohnheiten der Schwarzkittel machen. Über die Anzahl der Besucher und beispielsweise die Zusammensetzung einer Rotte sagt sie auch nichts aus.

geöffnete wildkamera mit batterien und chip

Wesentlich hilfreicher für solcherart Erkenntnisse sind elektronikbasierte Hilfen. Wildkameras, nahe einer Kirrung angebracht, zeichnen jede Bewegung auf und speichern die Bild- und Videodaten auf SIM-Karten, die später am Computer ausgelesen werden können. Leider gibt es diese batteriebetriebenen Kameras in wetterfesten Tarngehäusen mittlerweile in jedem Baumarkt und sogar beim Discounter für vergleichsweise wenig Geld. Leider deshalb, weil damit auch viel Unfug angestellt werden kann, denn ihrer Verwendung hat der Gesetzgeber enge Grenzen gesetzt – vor allem die, dass die Privatsphäre Unbeteiligter nicht verletzt werden darf, was allein schon durch eine Gesichtserkennung der Fall wäre. Wir Jäger sind durch Veröffentlichungen in unseren Fachmedien über missbräuchliche Verwendung solcher Hilfen sensibilisiert für den legalen fachgerechten Einsatz von Wildkameras. Uns stehen über den Fachhandel zudem Geräte mit erweiterten Funktionen zur Verfügung, die es ermöglichen, noch seltener Unruhe ins Revier zu tragen. Spezielle Apps, die eine Wildkamera mit dem Handy verbinden, benachrichtigen den Jäger nicht nur, wenn Sauen den Kirrplatz aufsuchen, sie übermitteln sogar in Echtzeit Fotos oder Videosequenzen aufs Display. Kleiner Nachteil: Der Handy-Alarm könnte nächtens den familiären Frieden ins Wanken bringen.

Sehr beliebt: die „Kirrung Plus“

Wer sein Revier kennt, weiß ziemlich sicher, wo Kirrungen am ehesten Erfolg für Beobachtung und Bejagung versprechen. Im besten Fall kann man dem Schwarzwild noch einige Zusatznutzen anbieten. Eine Suhle in der Nähe fördert sein Wohlbefinden; Malbäume ringsum, mit Buchenholzteer aus dem Kanister oder der Spraydose präpariert, geben anhand der Höhe der Scheuerstellen Aufschluss über die ungefähre Größe der Stücke und – bei Rindenverletzungen durchs Gewaff – in Einzelfällen sogar über die Geschlechterzusammensetzung einer Rotte.

Kombiniert mit den Daten der Wildkamera an der eigentlichen Kirrung bekommt der Jäger eine perfekte Visitenkarte von den nächtlichen Besuchern. Manchmal wird übrigens unterschätzt, wie wichtig die Entfernung vom Ansitz – möglichst einer Kanzel – zum Kirrplatz ist. Je näher beide Orte zueinander liegen, desto schwieriger wird die Bejagung. Der Jäger muss sich für einen sicheren Schuss erst „zurechtruckeln“, findet womöglich keine stabile Schussposition, macht das Wild durch Bewegung der Waffe und Geräusche auf sich aufmerksam und kann im Extremfall den Schuss verreißen. Das unbemerkte Anpirschen und Aufbaumen hingegen ist, wenn Stücke schon im Fraß stehen, bei ausreichender Distanz eher möglich. Zwei weitere Maßnahmen können helfen, die Stücke bei Dunkelheit besser anzusprechen und zu bejagen. Etwas Sägemehl oder Sand auf dunkles Erdreich gestreut, erhöht den Kontrast zu den ebenfalls dunklen Wildkörpern, so dass selbst führende Bachen an den Strichen erkennbar sind. Darüber hinaus sollten die Kirrstellen auf dem Platz über die Breite verteilt werden. Das entzerrt das Geschehen auf der Bühne, vereinzelt die Stücke so, dass sie ohne Gefahr für die Umstehenden beschossen werden können, sorgt aber in erster Linie dafür, dass auch geringere Stücke noch an Kirrgut kommen.

Zu viel Elektronik im Revier?

Wie jedes Revier anders ist, wird auch jede Kirrung individuell angelegt und ausgestattet werden müssen. Der traditionsverbundene Jäger wird kritisieren, dass die Neuzeit zu viele elektronische Hilfsmittel in den Wald trägt, dass Jagd mehr am Handy und am Computer stattfindet als in freier Wildbahn. Gegenargument: Je seltener wir dank der Hilfen gezwungen sind, eine Kirrung vor Ort zu kontrollieren, desto geringer ist die Unruhe, die wir auf diesen Revierteil übertragen. Das gewinnt zudem an Bedeutung, wenn eine Kirrung vielleicht über längere Zeit nicht angenommen, trotzdem weiterhin gut überwacht und nicht betreten wird.

Es sind weitere Grundsätze zu bedenken. Niemand ist gezwungen, sich elektronischer Hilfen jedweder Art zu bedienen. Wir Jäger haben aber, wie eingangs erwähnt, die Aufgabe, im Hinblick auf Seuchenzüge und die Verbreitung anderer ansteckender Erkrankungen des Wildes in angemessener Form zu reagieren. Damit handeln wir auch im Interesse unserer wichtigsten Partner, der Landwirte und Tiererzeuger.

Dennoch sind die Schwarzkittel nicht unsere Feinde; wir bejagen, aber bekämpfen sie nicht. Uns ist der respektvolle Umgang mit diesem Wild ebenso Verpflichtung.

Wie ernst es Politik und Verwaltung damit ist, uns diese Aufgabe verantwortlich zu übertragen, zeigt die Tatsache, dass selbst die Verwendung unorthodoxer und früher undenkbarer Ausrüstungsteile freigestellt (nicht verpflichtend!) ist. Paragraph 1 der schleswig-holsteinischen Landesverordnung zur Erleichterung der Bejagung des Schwarzwildes vom 05. Oktober 2018 erlaubt uns Jägern, „… künstliche Lichtquellen, Nachtsichttechnik für Zielhilfen … zu nutzen“.

Kirrungen und solche Ausrüstungsteile entwerten nicht unser Handwerk. Sie erleichtern die Vorsorge und Unterstützung vor allem für unsere Partner, die Jagdgenossen.

Anmerkung: Die in dem Beitrag nach bestem Wissen genannten und zitierten Bezüge zu Gesetzen und Verordnungen beziehen sich auf das Jagdwesen in Schleswig-Holstein. Inhaber und Pächter von Revieren in anderen Bundesländern müssen sich mit den dort geltenden Vorschriften und sachlichen Verboten vertraut machen.

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