Jagdrecht Praxistipps

Die Verantwortung des Jagdleiters bei der Durchführung einer Gesellschaftsjagd

Eine Gesellschaftsjagd ist das planmäßige Zusammenwirken von 4 oder mehr Jägern in einem Revier. Die rechtlichen Vorgaben bei der Durchführung einer Treibjagd und Drückjagd sind vielfältig. Der Pächter als Jagdausübungsberechtigter ist mit in der Haftung, wenn ein Schadensfall eintritt und ein Jagdleiter nicht zu ermitteln ist. Die besondere Gefahrengegebenheit der Gesellschaftsjagd gegenüber dem Einzelansitz besteht in der Bewegung der Schützen und / oder Treiber in einem engen räumlichen Umfeld. Wird eine gemeinschaftliche Jagd aufgrund gemeinsamer Planung revierübergreifend veranstaltet, d. h. das Treiben durch mehrere Reviere gehen und die Schützen auch im Bereich der Reviergrenzen so abgestellt werden, dass die Jagd als einheitliche Veranstaltung wahrgenommen wird, muss es dafür einen Koordinator geben. Auf diesem müssen sich die Revierinhaber verständigen.

Hohes Haftungspotenzial für den Jagdleiter auf Gesellschaftsjagden

Beate A. Fischer, Fachanwältin für Agrarrecht

Der Jagdleiter haftet für jedes Organisations- und Auswahlverschulden, soweit der Schaden nicht ausschließlich aufgrund individuellen Versagens eines Schützen entstanden ist. Ob die eigene Jagdhaftpflicht die Schäden abdeckt, die man als Jagdleiter in einem fremden Revier zu verantworten hat, sollte vor der Übernahme einer solchen Funktion in Erfahrung gebracht werden. Ein Jagdleiter muss bei allen Entscheidungen, die er trifft, und bei allen Maßnahmen, die er durchführt, immer die Sicherheit im Blickfeld haben. Die Hauptaufgabe besteht darin, Jagdunfälle zu vermeiden. Zu den Aufgaben gehören beispielsweise das Einweisen der Schützen und das Führen der Treiberwehr. Der Jagdleiter muss solche Teilnehmer, die während der Jagd durch rücksichtsloses Verhalten auffallen, von der weiteren Teilnahme an der Jagd ausschließen.

Vor Beginn der Jagd gehört die Belehrung der Jagdteilnehmer und die Kontrolle der Jagdscheine zwingend zu den Aufgaben des Jagdleiters. Der gültige Jagdschein ist die Bestätigung für den Jagdleiter, dass ein Versicherungsschutz besteht.

Des Weiteren sind Anweisungen zur Sicherheitsbekleidung, zur korrekten Trageweise von Waffen, zu etwaigen Aufbrechpausenzeiten und zum Verhalten auf dem Stand zu erteilen. Bei Standtreiben muss der Jagdleiter die Schützen in ihre jeweiligen Stände einweisen und den jeweils einzuhaltenden Schussbereich genau bezeichnen. Bei fehlender Sichtverbindung zu den Nachbarschützen hat der Jagdleiter eine Verständigung zwischen diesen sicherzustellen (z. B. durch die Gewährleistung von Rufweite oder den Austausch von Handynummern). Bei Kesseltreiben bestimmt der Jagdleiter, ab wann nicht mehr in den Kessel geschossen werden darf. Bei schlechten Sichtverhältnissen z. B. bei dichtem Nebel, einsetzender Dunkelheit oder Schneetreiben hat der Jagdleiter die Jagd einzustellen. Erfolgen diese Einweisungen nicht, haftet der Jagdleiter ggf. für die Verletzung anderer Jagdteilnehmer.

Rechtliche Vorgaben auf Treibjagden und Drückjagden

Ist das Überwechseln von beunruhigtem Wild auf Straßen zu befürchten, sind entlang der Straßen Schilder aufzustellen, um Verkehrsteilnehmer vor Wildwechseln zu warnen.

Die Waffe ist außerhalb des Treibens stets ungeladen, mit geöffnetem Verschluss und mit der Mündung nach oben oder abgeknickt zu tragen. Bei besonderen Witterungsverhältnissen kann der Jagdleiter zulassen, dass Waffen geschlossen und mit der Mündung nach unten getragen werden, wenn sie entladen sind. Ausnahmen gelten für Feldstreifen und Kesseltreiben. Als Feldstreife kann nach Entscheidung des Jagdleiters auch eine Streife mit flankierenden und vorgestellten Schützen in sonstigem übersichtlichem Gelände gelten. Das heißt bei der Niederwildjagd, zum Beispiel auf Hasen oder Fasan, darf der Durchgehschütze im übersichtlichen Gelände (Feld und Wald) die Flinte geladen führen und schießen, sofern sich keine Personen in gefahrbringender Nähe befinden.

Wird beispielsweise eine Brache, Grünland, Senf, Raps oder ein Altholzbestand bejagt, bei dem alle Jagdteilnehmer untereinander Sichtkontakt haben, so können die Durchgehschützen geladene Waffen mitführen. Sobald sie sich im unübersichtlichen Gelände befinden, muss die Waffe entladen werden. Der Jagdleiter gibt den Durchgehschützen bekannt, ab wann nicht mehr in Richtung der Vorstehschützen geschossen werden darf. Ist das Gelände so unübersichtlich, dass der direkte Nachbarschütze oder Treiber nicht erkannt werden kann, so muss die Waffe des Durchgehschützen grundsätzlich entladen sein (zum Beispiel Mais, mannshohe Senfflächen, Forstanpflanzungen, Naturverjüngungen).

Das Mitführen der Schusswaffe bei der Schalenwildjagd ist ausnahmsweise mit entladenen Läufen (Patronenlager) für den Durchgeh- und Treiberschützen für den Fangschuss auf der Nachsuche, für den Eigenschutz und für den Schuss auf von Hunden gestelltes Wild zulässig.

Vor dem Jagdtag sollte der Jagdleiter die jagdlichen Einrichtungen auf Standsicherheit kontrollieren. Stürzt ein Jagdgast – insbesondere ein zahlender Gast – von einem maroden oder durch Dritte beschädigten Sitz, haftet die Jagdleitung für dessen Schäden. Der Jagdleiter hat sicherzustellen, dass die Jagdteilnehmer auf sicheren Fahrzeugen transportiert werden. Der Fahrer einer Zugmaschine muss die erforderliche Fahrerlaubnis besitzen und die Zugmaschine muss haftpflichtversichert sein.

Das Absperren von Waldwegen während der Drückjagd ist aufgrund des freien Betretungsrechts für Waldbesucher verboten. Hinweisschilder sind dennoch sinnvoll und halten ggf. den einen oder anderen Waldbesucher aus dem Jagdbezirk fern. Die Inhaber von Jugendjagdscheinen dürfen nach dem Bundesjagdgesetz (BJG) an Gesellschaftsjagden mit der Waffe nicht teilnehmen. Der Genuss von Alkohol und anderen berauschenden Mitteln erhöhen das Unfallrisiko und sind während der Jagd zu unterlassen.

Beate A. Fischer

Fachanwältin für Agrarrecht

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